Diesen Satz haben wir Selbständige schon tausendfach gehört. Jeder LinkedIn-Experte, Newsletter-Optimierung, Webseite-Designer und Verkaufstrainer schlägt in diese Kerbe. Klingt ja auch logisch. Denn wer nicht gesehen wird, kann auch nicht angesprochen werden. Schon gar nicht von seiner Zielgruppe, von seinen Wunschkunden. Sichtbarkeit, das klingt nach Strategie, nach Erfolg, nach Plan. Doch oft schwingt etwas Unangenehmes mit – das Gefühl, man müsse sich inszenieren, ständig senden, lauter werden. Damit man sich gegen die Konkurrenz durchsetzt.
Dabei geht im Lärm schnell das verloren, worum es eigentlich geht: Wirkung.
Sichtbarkeit ist messbar. Reichweite, Likes, Followerzahlen – alles Indikatoren, die uns vorgaukeln, sie seien Beweis für Relevanz. Dabei sind es nur Zahlen für Streuung, Lautstärke, Anstrengung. Aber Wirkung? Die ist stiller. Sie zeigt sich in Momenten, die sich nicht in einer Statistik abbilden lassen:
– wenn jemand durch deine Worte Mut fasst
– wenn eine Idee hängen bleibt, weil sie echt war
– wenn ein Mensch sich durch dich selbst klarer sieht
Sichtbarkeit kann eine Bühne sein. Wirkung ist das, was bleibt, wenn das Licht ausgeht.
In meiner Arbeit mit Selbstständigen erlebe ich immer wieder: Die meisten sind schon sichtbar – im echten Leben.
Sie haben Haltung, Wissen, Tiefe. Aber sie scheuen sich, es zu zeigen, weil sie den Zwang zur Selbstvermarktung spüren. Vor allem wen es ums Online-Marketing geht. Da fühlt sich der Gedanke, dass möglichst viele Menschen sie sehen sollen, irgendwie falsch an. Sie wollen nichts „verkaufen“, sie wollen verbinden. Möglichst laut sein, um aufzufallen? Mich möglichst anpassen, um dem Algorithmus zu gefallen, damit Views und Co. nach oben gehen? Danke nein.
Hier kommt Kreativität ins Spiel.
Kreativität ist kein Beiwerk für hübsche Posts – sie ist die Sprache, in die Essenz eine äußere Gestalt annimmt.
Ein Text, ein Bild, eine Skizze, ein Satz – das alles sind Übersetzungen. Formen, die anderen erlauben, dich zu erkennen, ohne dass du dich erklären musst.
Sichtbarkeit entsteht also nicht durch Lautstärke, sondern durch Ausdruck.
Durch den Mut, das, was du bist, in eine Form zu bringen, die lesbar wird. Wahrnehmbar. (Be)merkbar.
Echte Wirkung hat nichts mit Perfektion zu tun. Sie entsteht dort, wo etwas mitschwingt, das nicht glattgebügelt ist: eine Kante, eine Unsicherheit, ein Gedanke, der offenbleibt. Kunst funktioniert so – und im Grunde Marketing auch.
Wenn du dir erlaubst, nicht alles zu wissen, sondern etwas zu zeigen, das dich selbst bewegt, lädst du andere ein, mitzudenken, mitzuspüren. Das ist Wirkung. Und das geht über Sichtbarkeit weit hinaus. Das ist das eigentliche Ziel. Sichtbarkeit ist für Anfänger 🙂
Was wäre, wenn du Sichtbarkeit nicht länger als Ziel begreifst, sondern als Nebenprodukt deiner Kreativität?
Wenn du dich fragst: Wie kann ich mich ausdrücken, statt mich zu beweisen?
Dann verschiebt sich etwas Grundlegendes.
Du sendest nicht mehr, um gesehen zu werden – du gestaltest, um verstanden zu werden.
Und das verändert alles: für dich, für dein Publikum, für die Beziehung zwischen euch.
Vielleicht ist Sichtbarkeit gar kein Zustand, den man erreichen muss.
Vielleicht ist sie ein Echo: die Resonanz deiner Wirkung.
Und die beginnt – wie jede gute Idee – mit einem ersten Strich.