Als ich diesen Blogartikel begonnen habe, war meine Neugraphie-Sitzung mit der lieben Hajnalka Triemer gerade 6 Stunden her (übrigens sehr empfehlenswert (> Deine Funken)). Es rattert in meinem Kopf – wir haben intensiv an meinen inneren Themen gearbeitet, das wirkt jetzt nach. Und einen Aspekt dieser Gedanken möchte ich gerne mit dir teilen.
Bei Hajnalka geht es um das Thema „Grenzen setzen“, oder wie sie es ausdrückt: Wirkräume schaffen. Es geht darum, gesunde Beziehungen zu schaffen. Zu den Mitmenschen, aber auch zu sich selbst.
Mit diesem Gedanken und mit diesem Wunsch bin ich zu ihr gekommen. Wie kann ich mich stabil aufstellen, so dass ich nicht immer wieder die Bedürfnisse andere über meine eigenen Bedürfnisse stelle? Wie kann ich meine eigenen Grenzen erkennen und einfordern?
Im Gespräch kamen wir auf das Thema Ego zu sprechen. Das Ich. Und da gibt es eine Parallele in der Arbeit von Hajnalka und mir. Auch bei mir geht es um das Ich. Um das Selbst. Um die Frage, wie wir selbstwirksam sind. Selbstvertrauen aufbauen. Selbstwert erleben. Ganz in uns selbst sind, so dass wir das nach außen auch vertreten sind. Damit wir auch von außen wahrgenommen werden. Damit wir wirken können. Gerade als Solopreneur so wichtig.
Über Selbstwert und Selbstvertrauen wird viel gesprochen. Und ich nehme wahr, dass das für viele ein Thema ist. Gerade auch in der selbständigen Tätigkeit kann uns das schnell auf die Füße fallen. Gerade wenn es um die Bereiche Marketing und Kundengewinnung geht. Wenn wir unseren eigenen Wert nicht kennen, ist es immens schwer, uns zu verkaufen. Dann bleiben wir gerne unsichtbar, sind (zu) vorsichtig, unseren Preis zu nennen und lassen uns schneller die Konditionen des Geschäftspartners überstülpen. Wir bleiben kleiner als nötig. Glaub mir… been there done that.
Selbstwirksamkeit geht gewissermaßen noch einen Schritt weiter. Es geht darum, dass wir erfahren, dass wir, als Person, mit unseren Fähigkeiten und Aktivitäten wirksam sein können. Dass wir unsere Umwelt gestalten können. Erschaffen können. Dass wir nicht Spielball des Universums sind, sondern ein (Mit)Gestaltungsrecht haben. Ja, eben genau das: Dass wir gestalten können und gestalten dürfen – und dass wir uns dessen bewusst sind. In meiner Wahrnehmung ist das ein Wert, eine Empfindung, die sich dann auch in alle Bereiche überträgt. Sowohl im Privatleben wie auch im Beruf, ganz gleich ob angestellt oder selbständig. Ich übernehme die Verantwortung dafür, wie ich lebe und arbeite. Und habe damit auch selbst in der Hand, dass es besser wird. Oder eben so gut ist, wie ich es haben möchte. Was auch immer das für mich bedeutet.
Ich merke da eine starke Verbindung zum Thema Kreativität. Und zwar in beide Richtungen. Ich kann durch kreative Tätigkeiten erfahren, wie es ist, etwas zu gestalten, zu erschaffen. Und damit meine Selbstwirksamkeit trainieren und stärken. Also bereits im Kleinen, durch ein kleines Do-it-yourself-Projekt zum Beispiel zu erfahren, dass ich etwas mit meinen Fähigkeiten erschaffen kann, wirkt enorm in diese Richtung. Und umgekehrt eben auch: Wenn ich mich selbstwirksam fühle, wenn ich auch bewusst die Verantwortung für mein Wohlergehen übernehme, dann werde ich mehr gestalten wollen.
Und da kommen wir zum Ego.
Das haben wir oft als etwas negatives im Sinn. Sei doch nicht so egoistisch. Denk doch nicht immer nur an dich. Was für ein Egozentriker! So hab ich das ganz arg im Ohr, wenn ich „Ego“ höre. Wollen wir nicht sein, oder? Aber wie heißt es immer so schön im Flieger? Legen Sie erst selbst die Sauerstoffmaske an und helfen Sie dann anderen Mitreisenden.
Das ist auch wichtig. Denn nur wenn ich selbst alles habe, was ich für mich brauche, kann ich auch für andere da sein. Sonst reibe ich mich auf. Wenn ich immer meine Bedürfnisse hintanstelle, kann ich nicht Selbstwirksamkeit erleben. Und bleibe hinter meinen Möglichkeiten zurück. Deshalb ist Egozentrik, das Sich-selbst-in-den-Mittelpunkt-stellen, gar nicht so verkehrt. Das ist nicht egoistisch im Sinne von „schlecht für die anderen“, sondern in erster Linie ein wichtige Ressource für die Selbstfürsorge.
Da ich in letzter Zeit viel Energie in kreative Projekte gesteckt, spüre ich das enorm, was passiert, wenn ich nicht selbstwirksam bin. Wenn ich einen Tag hatte, an dem es mir nicht gelungen ist, meine Bedürfnisse nach vorne zu stellen. Dann fällt mir das Kreativsein extrem schwer. Dann fühl ich mich nicht nach gestalten. Dann sprudeln die Ideen nicht aus mir heraus, ich finde nicht die rechte Form oder Farbe für ein Objekt, das ich erschaffen möchte. Und auch ich fühle mich deutlich weniger bunt.
Ganz klar: Das ist kein Plädoyer für „Denk nur noch an dich selbst, dann ist an alle gedacht“. Ich will damit nicht sagen, dass wir unsere Umgebung ignorieren sollten. Anderen nicht mehr helfen dürfen. Und nur noch „ich-ich-ich“ denken. Ganz sicher nicht. Dafür sind mir meine Mitmenschen zu wichtig. Es ist vielmehr ein Reminder an die Menschen, denen es ähnlich geht wie mir, die in das andere Extrem verfallen und dann nahezu aufhören, an sich und die eigenen Bedürfnisse zu denken.
Wir dürfen egoistisch(er) sein. Damit wir Selbstwirksamkeit erleben dürfen. Und Gestalten können. Ist das nicht viel angenehmer, wenn ich mein Leben selbst in die Hand nehme?